T H E M A

Aktuell: Euro Währungskrise

Euro - Geldtheorie
(Erstfassung vom 04.05.2010, um Tippfehler korrigiert und mit einer Ergänzung)

Es ist einmal wieder so weit. Die lieben Administratoren vom Focus blockieren meine dort geposteten Beiträge zur Geldtheorie und dem aktuellen Griechenland-"Problem". Es muss also mal wieder dieser Blog herhalten.

Herr Schäuble verkündete gestern sinngemäß, „ginge es nicht um unser aller Geld, wäre es wohl unverantwortlich Gelder in dieser Höhe (20 Mrd.) für die Griechenland-Hilfe aufzuwenden. Aber wir müssen handeln, im eigenen Interesse.“

Richtig daran ist nur, dass diese Ausgaben unsinnig und somit wohl auch unverantwortlich sind, denn für die Stabilität des Euros sind Staatsbankrotte schnurzpiepegel.

Tatsächlich bewirkt das Geld nur eines: die Banken (und Privatanleger), die in griechische Staatsanleihen „investiert“ haben, werden abgesichert und können auf die in Aussicht gestellte Rendite vertrauen. Sonst weiter nichts.

Man muss das Wesen des Geldes und insbesondere des Geldwertes verstanden haben um über die Gefährdung oder Nicht-Gefährdung des Euros mitreden zu können. Wer nicht beantworten kann, warum eine Währung überhaupt einen Wert hat, der kann auch nicht wissen, was den Wert einer Währung gefährdet und was nicht.

Ein Disputant bei Focus, der sich meinen knappen, gerade eben noch so geduldeten Ausführungen entgegen gestellt hat, schrieb: „Dafür, daß eine Währung Vertrauen braucht, um aktzeptiert zu werden, brauche ich keine Theorie zu bemühen. Wer würde denn ein Stück Papier mit einer aufgedruckten Zahl als Zahlungsmittel akzeptieren, wenn er nicht darauf vertraute, diesen Papierschein jederzeit wieder gegen einen entsprechenden Gegenwert eintauschen zu können? Ich kenne keinen.“ Oder anders gesagt, schlägt sich dieser Kontrahent auf die Seite der weit verbreiteten Annahme, eine Währung habe einen Wert, weil man ihr vertraue.

Das ist ein feiner Witz. Nach der gleichen Logik hält eine Brücke, weil wir ihr vertrauen, fliegen Raketen zum Mars, weil wir darauf vertrauen. Oder doch nicht?

Unser Geldsystem stammt nicht vom Lieben Gott. Für seine Existenz müssen wir nicht beten oder glauben. Es ist der Vernunft nicht transzendent enthoben, sondern ein Werk von Menschen Hand. Bei solchen Dingen sollte nicht Vertrauen, sondern Wissen vorherrschend sein. Vertrauen kann Wissen nicht ersetzen. Wenn ich weiß, dass eine Straße nach Köln führt, muss ich darauf nicht vertrauen.

„Moderne“ Kreditgeldsysteme – es gibt sie immerhin seit Ludwig Erhards Einführung der D-Mark – benötigen kein Vertrauen. Vertrauen ist bei Geld die denkbar schlechteste Basis für einen realen Wert. Es wird nämlich mit schöner Regelmäßigkeit missbraucht, so wie das in der Vergangenheit x-fach der Fall war. Regierungen drucken Zettel mit Zahlen drauf, nennen das „Geld“ und zwingen ihre Bürger per Gesetz dazu, alle ihre wirtschaftlichen Transaktionen durch Nutzung dieser Zettel abzuwickeln.

Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute entsteht Geld in einem System aus Guthaben und Schulden. Baut jemand ein Haus und bezieht von anderen Waren und Dienste gegen Kredit, dann hat er auf seinem Konto den Wert des bezogenen Leistungen mit einem Minuszeichen stehen und die Leistungserbringer mit einem Pluszeichen. Doch damit nicht genug. Er muss seine Schuld abtragen, also zurück leisten mit Werten in selber Höhe. Deswegen steht jedem Guthaben ein wertmäßig gleich hohes unspezifisches Leistungsangebot der Schuldner gegenüber, UND DESWEGEN hat jeder Euro auf einem Konto einen Wert, weil er von der Masse der Schuldner Leistungen einfordern kann. Gibt eine Zentralbank dann Scheine aus, sind dies nicht einfach nur bedruckte Zettel, sondern es wurde Giralgeld in „Taschengeld“ umgewandelt. Ich nenne das mal so, weil man es sich in die Tasche stecken kann und zum Bezahlen keinen Bankterminal benötigt. Aber gibt man die Scheine zurück – und würden alle ihre Scheine zurückgeben – dann würde weiter nichts passieren, als dass die Zentralbank das hinterlegte Giralgeld wieder auf die Konten überweist. Man hätte halt keine Zettel mehr. Die hinter dem Giralgeld stehende Verbindlichkeit bleibt unangetastet. Guthaben hier und Leistungspflicht dort halten sich immer die Waage.

Doch dieser eigentlich simplen Erkenntnis verweigern sich unsere hoch bezahlten „Experten“. Sie hängen einer 120 Jahre alten Quantitätstheorie an, die in Zeiten entstanden ist, als es unsere geschlossenen Giralgeldsysteme noch nicht gab. Sie haben immer noch das Zettelgeld vor Augen, bei dem der Staat einfach Papier bedruckt und sich die Frage stellt, wie viel Papier darf man unters Volk streuen, damit die Sache funktioniert. In diese unlösbare Aufgabe hat sich die Wissenschaft verliebt und kann nicht von ihr lassen. Mit den einfachen, schlichten Wahrheiten, kann man sich halt nicht aufspielen. Und die Politik umgibt sich mit diesen Nieten, ernennt sie zu Zentralbankchefs und wirft mal eben so 20 Mrd. aus dem Fenster, „weil es dazu keine Alternative gibt“.

[Ergänzung vom 08.05.] Seit Jahrzehnten machen diese Experten mit Geldmengenkonzepten rum, beäugen ihre Geldmengen M1, M2, M3 ... als ob davon die Stabilität einer Währung abhinge. Da es diese Zusammenhänge offenkundig nicht gibt, wird das Geschäft der Zentralbank als "besonders schwierig" eingestuft und versucht man mit allerlei Hilfstheorien das Auseinanderklaffen geldpolitischer Maßnahmen und ihrer Effekte zu "erklären". Dabei ist die Sache ganz einfach. Unsere Professoren sind Experten hinsichtlich der Holzbearbeitung im Kutschenbau, verstehen aber nichts von modernen Fahrzeugen. Bereits 1997 habe ich auf den Systemwechsel und seine Konsequenzen aufmerksam gemacht, siehe Geldtheorie. [Ende Ergänzung]

DENKEN wäre die einfache Alternative. Mal den Verstand einschalten und den einfachsten Fragen mit einer gewissen Gründlichkeit nachgehen. Nicht sich immer nur auf den Haufen setzen, auf dem bereits die meisten Fliegen sind, weil das ja nicht falsch sein kann.

Unsere Regierung wird momentan von einer Panik-Attacke nach der anderen erfasst. Man kann die Sorgenfalten unserer Kanzlerin geradezu wachsen sehen. Sie wird umgeben sein von Experten, die alle möglichen Katastrophen nicht ausschließen können. Und wie Regierende das so machen, hauen sie auf jedes Problem einen Sack Geld drauf. Dahinter steckt die Illusion, man könne mit Geld jedes Problem bewältigen, als sei Geld der Universallöser von allem. Doch fällt man in einen Fluss, muss man schwimmen können. Es genügt nicht, davon gelesen zu haben oder sich von „Experten“ beraten zu lassen die davon gelesen haben. Etwas selber zu können hat eine andere Qualität. Etwas selber zu können bedeutet, das man sich mit dem Element in dem man sich befindet unmittelbar auseinander gesetzt hat und einem seine tragende oder nicht tragene Funktionsweise vertraut ist. Und das ist in allen wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht anders. Wer in diese Materie nicht tief eingetaucht ist und ein Abbild der Wirkmechanismen verinnerlicht hat, säuft gnadenlos ab wenn es um schnelle Entscheidungen geht.

So haben unsere Experten unsere Regierung in den vergangenen Jahren zu Entscheidungen gedrängt, die unser Volk teuer zu stehen kommen, aber denen sich unsere Regierenden auch nicht widersetzen konnten, weil ihnen jegliche innere Orientierung in wirtschaftlichen Angelegenheiten fehlt. Und nun diese Geschichte mit Griechenland. Weitere werden folgen.

Ich muss es abschließen noch mal sagen: ohne DENKEN geht es nicht. Wer sich nicht die ganzen grundsätzlichen Fragen unseres Wirtschaftssystems selber gestellt hat, nur übernommen hat was andere dazu meinen aber nie selber hinterfragt und GEDACHT hat, sollte bitte die Finger lassen von diesem hoch komplexen Organismus.

In dieser konkreten Angelegenheit ist es völlig egal, wie viele Staaten Europas Pleite gehen. Das hat auf die Währung so viel Einfluss wie die Existenz von Falschgeld. Wird Falschgeld entdeckt, wird dieses entwertet. Der Eigentümer des Falschgeldes hat keinen Anspruch auf Leistung. Gleiches gilt für Kredite, denen keine Sicherheiten gegenüberstehen. Verleihen Menschen an Staaten Geld ohne danach zu fragen, was sie zurück bekommen, haben sie dumm gehandelt und möglicherweise ihr Vermögen verloren. Das kratzt eine Währung nicht. Haben Kunden ihr Geld bei einer Bank und die Bank veruntreut die Einlagen mit hoch spekulativen Anleihen, dann hat der Kunde der Bank evtl. Pech und verliert seine Einlage. Niemand kann einen davon befreien darüber nachzudenken, wie und wo er seine Guthaben sicher anlegt, wem er vertraut. Aber auch da gilt, dass es eine Währung nicht kratzt wenn Personen mangelnde Sorgfalt an den Tag legen oder Betrügern auf den Leim gehen.

Im Falle Griechenlands haben sich viele Leute ganz wichtig getan und ein Problem herbei geredet. Gewiss wäre es ein Problem für manch eine Staatsbank, wenn die Staatsanleihen Griechenlands den Bach runter gingen. Und gewiss könnte ein sich so anbahnendes Ereignis dazu führen, dass viele Leute ganz schnell versuchen ihr Geld von solchen Banken abzuziehen, und somit eine Bank durch verspieltes Vertrauen in sich zusammen fällt. Aber – und das nervt – man kann eben auch keine langfristigen Verbindlichkeiten eingehen auf der Basis kurzfristiger Einlagen. Wer das macht, hat auf dem Geldmarkt nichts zu suchen. Der gehört aufgelöst und begraben. Wer hingegen langfristige Engagements ebenfalls mit nur langfristigen Einlagen eingeht, der kann auch kurzfristige Mittelabflüsse bedienen und seinen Zusammenbruch geordnet organisieren – falls denn wirklich alles so heiß kommt wie es im ersten Moment scheint. Faktisch sind Paniken vielfach irrational und legen sich auch wieder oder es stellen sich Lösungswege ein die man im Moment der ersten Aufregung gar nicht sehen kann. Der größte Schaden aber entsteht immer dann, wenn es keinen Lotsen gibt, der das Gewässer kennt in dem man sich befindet. Dann springen alle von Bord wenn es mal kracht und bejammern ihre nasse Kleidung. Würden wir überall so fahrlässig handeln wie in wirtschaftspolitischen Angelegenheiten, wären wir schon lange tot. Nirgendwo sonst ist Unwissenheit so geduldet und unauffällig wie auf diesem Gebiet, nirgendwo sonst der Schaden durch Dummheit so gewaltig. Darum brauchen wir ein vom allgemeinen Parlament abgekoppeltes Wirtschaftsparlament mit Volksvertretern, die sich in einer öffentlichen Diskussion unter Beweis stellen.